Dienstag, 17. September 2019

Odyssee des Schmerzes

Der Besuch beim Neurochirurgen
Endlich einmal eine gute Nachricht!

Am letzten Freitag war es ja nun endlich so weit und ich hatte meinen ersten Termin beim Neurochirurgen. Den Warnungen meiner Krankengymnastin zufolge hatte ich damit rechnen müssen, von einem durchgeknallten Operateur in OP-Schürze und mit noch vom letzten Eingriff blutigem Skalpell in Empfang genommen zu werden. Doch natürlich war dem nicht so. Ganz im Gegenteil. Meine mich begleitende Freundin und ich wurden nett und freundlich vom Vater der Kindergarten- und nun Schulfreundin meines Sohnes in Empfang genommen. Die Welt ist eben klein!

Ich setzte mich also hin und wir machten die Anamnese: Bandscheibenvorfall vor 10 Jahren, OP vor 9 Jahren, ein Kind, lebt aber nicht bei mir, Fibromyalgie seit letztem Jahr diagnostiziert, schwere Depressionen, Posttraumatische Belastungsstörung, suizidale Tendenzen. Immer wenn ich das einem neuen Arzt aufzählen muss, fühle ich mich so richtig schön kaputt. Und ich weiß nie so recht, ob ich nicht vielleicht sogar noch etwas vergessen habe. Was wollen die Ärzte denn alles wissen? Muss ich nur aktuell relevante Dinge aufzählen oder wirklich alles, was ich bisher so hatte? Sind die wiederkehrenden Nierenbeckenentzündungen auch wichtig? Ist die Myositis von vor einigen Jahren von Interesse? Man, es war doch einfach schon so verdammt viel...

Als nächstes schauten wir alle gemeinsam die Bilder aus dem MRT an.
Der Doc erkannte sofort eine Fehlstellung meiner Lendenwirbelsäule, die sowohl angeboren als auch über die Jahre hinweg aufgetreten sein könnte. Meine Lendenwirbelsäule biegt sich irgendwie seltsam seitlich weg. Ich weiß nicht recht, wie ich das beschreiben soll. Sie macht einen Bogen, wo keiner sein sollte. Anstatt gerade nach unten weg zu gehen, beugt sie sich nach links.
Dann zeigte er uns meine Bandscheiben. Zunächst die gesunden, damit wir einen Unterschied erkennen würden. Dann die kaputten, welche in seinen Augen aber gar nicht so schlimm aussahen. Ich erkannte ehrlich gesagt nichts. Außer den Blubsis, die ich auch zuvor schon als ungesund identifiziert hatte. Besagte Blubsis sind wohl die Bandscheibenprotrusionen und der Prolaps. Man könnte also sagen: Blubsis irgendwie süß, aber böse.
Nach den Blubsis zeigte er uns eine Entzündung in meiner Beckenpfanne, von der wohl ein Teil meiner Schmerzen ausgeht und die man, da ich ja keine Schmerzmittel nehmen möchte, mit Cortisonspritzen behandeln könnte. Da ich jedoch nicht bereit war, mich direkt für die Cortisonspritzen zu entscheiden, stellte er zunächst lediglich eine neue Verordnung für Krankengymnastik und zusätzliche Fango aus.
Dann zeigte er uns, wie die Nervenkanäle in der Wirbelsäule verlaufen und erklärte, dass es wichtig sei, dass diese frei liegen würden. Als hauptsächlich bedrängten Nerv identifizierte er schließlich meinen Ischiasnerv, was er später durch ein gezieltes Drücken in mein Gesäß bestätigte. Aua!
Und als wäre das noch nicht genug gewesen, fiel gegen Ende der etwas makaberen Diashow noch der glorreiche Satz: "Ah ja, und hier fehlt ein Stück vom Knochen!" Wie jetzt, ein Stück vom Knochen fehlt? Ja, mir fehlt ein Stück von einem Knochen, weil nämlich die Operation von vor 9 Jahren, welche mir als endoskopischer, minimal invasiver Eingriff erklärt wurde damals, gar kein solcher gewesen sei. Diese Art des Eingriffs würden nämlich deutschlandweit nur eine Hand voll Experten überhaupt durchführen können und in Kiel säße keiner davon. Das war dann so der kleine Fun-Fact am Rande. Haha. Witzig. Nicht.

Es folgte die körperliche Untersuchung. Reflexkontrolle in Armen und Beinen, ein bisschen schmerzhaftes Herumgedrücke in Rücken und Gesäß und schließlich die Entwarnung: eine Operation wird vorerst nicht notwendig sein.

Wir verabschiedeten uns also freundlich bis zum nächsten Mal in 3-4 Wochen und ich konnte verwirrt, aber doch erleichtert, den Rest des Tages begehen. Und die erste Maßnahme nach einem solch aufwühlenden Termin lautete natürlich: Besuch im Stammcafé!

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