Donnerstag, 12. September 2019

Odyssee des Schmerzes

Das MRT des Grauens
Wie die Angst erneut Besitz von mir ergriff...

Natürlich sei zunächst hervorgehoben, dass es wirklich wirklich toll ist, in nicht einmal 24 Stunden einen Termin zum MRT zu erhalten. Gerade in Akutfällen ist das wirklich Gold wert. Denn seien wir mal ehrlich: geht am menschlichen Körper etwas kaputt, dann ist schnelles Handeln für gewöhnlich nicht ganz unerheblich für einen reibungslosen Behandlungsverlauf und um eventuelle Folgeschäden nach Möglichkeit zu verhindern.

Nun war mir ja schon im Vorherein bewusst, dass ich mit der Röhre so meine Probleme bekommen könnte, deshalb war es für mich umso wertvoller, dass eine wirklich gute Freundin sich direkt anbot, mich zu diesem Termin zu begleiten. Wir verabredeten uns also zum Frühstück in unserem Stammcafé, um dann von dort zeitig zum Termin weiter ziehen zu können. Ob ich was gegessen habe, kann ich im nachhinein gar nicht mehr erinnern. Wahrscheinlich nicht. Mir war doch ziemlich übel.
Denn so toll es auch ist, so schnell die Möglichkeit zu erhalten, sich durchchecken zu lassen, so beunruhigend war dieser Umstand doch auch für mich. Warum? Ganz einfach aus dem Grund, dass diese Termine rar sind und für gewöhnlich nicht so schnell vergeben werden können. Die Kürze der Zeit zwischen Terminanfrage und dem eigentlichen Termin verdeutlichte für mich also schon im Vornherein lediglich die augenscheinliche Dringlichkeit meines Falles.

Als wir in der Radiologiepraxis ankamen, empfing uns wirklich freundliches Personal und wir wurden direkt ins richtige Wartezimmer geleitet, nachdem ich die erforderlichen Unterlagen, wie unter anderem den Anamnese-Bogen, ausgefüllt hatte. Es folgte eine relativ kurze Wartezeit, während derer ich schon einmal begann, meine zahlreichen Piercings zu entfernen. Ein Akt! Aber gut, das wusste ich vorher.
Schließlich wurde ich in die Umkleide gebeten, um mich für die Untersuchung zu entkleiden und der Radiologieassistent klärte mich darüber auf, wie ich in die Röhre gefahren werden würde, dass es einen Notfallknopf gäbe und wie lange die Untersuchung ungefähr dauern würde. Natürlich fragte ich direkt, ob es sich um ein offenes MRT handele. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Und sie starb direkt. Das MRT war nicht nur geschlossen, es war auch noch eine eher enge Röhre und ich würde mit dem Kopf voran hinein gefahren werden. Die Katastrophe war vorprogrammiert. Doch ich blieb erstaunlich optimistisch und gab mich kämpferisch. Wie schlimm könnte das schon werden?!

Ehm, ja... sehr schlimm!

Es dauerte keine 30 Sekunden, ich war noch nicht einmal zur Hälfte in dieser verflixten Röhre und ich schrie. Ja, ich habe geschrien. Und wie ich geschrien habe! Bis in den Wartebereich war ich zu hören und meine Freundin war sofort alarmiert. Im Gegensatz zum Radiologieassistenten, welcher mich zwar direkt aus der Röhre fuhr, jedoch auf meine Panikattacke eher unschön reagierte. Ich könne mich ja auch einfach wieder abregen und das passiere ja eh häufiger und ob ich mir nicht ein Sedativum vom Arzt verschreiben lassen und nochmal wieder kommen wolle. Klar, der gute Herr rappelt seinen Text sicher häufiger mal runter und manche Menschen sind eben nicht sehr Empathie begabt, aber in dem Moment, während ich schutzlos, halbnackt und hyperventilierend, mit extremen Schmerzen in der Lendenwirbelsäule und kaum zu Bewegung fähig vor ihm saß, hätte er für mich persönlich kaum beschissener reagieren können.
Ich ging also schluchzend und zitternd zurück in die Umkleide. Ein Glück klopfte es recht schnell von Außen an die Tür eben dieser. In meiner Überforderung konnte ich nämlich kaum noch einen klaren Gedanken fassen und wollte einfach nur noch weg von diesem Ort. Doch ich öffnete die Tür und fiel meiner Freundin erschöpft und hilflos in die Arme.

Sie und der für das MRT zuständige Radiologe redeten mir schließlich noch in der Umkleide gut zu und überredeten mich zu einem zweiten Versuch, nachdem meine Freundin und ich einen Kaffee trinken gegangen wären. Ich bin mir ziemlich sicher, die beiden wussten genauso gut wie ich: wäre ich ganz gegangen, dann wäre ich nicht mehr wieder gekommen. Was, ausgehend von meinem heutigen Wissensstand, wohl fatal gewesen wäre.

Nun ja, wir gingen also um's Eck einen Kaffee trinken und kamen anschließend für Versuch Nummer zwei wieder. Diesmal lief alles anders. Besser. Es war meine Freundin, die mich in die Röhre begleitete und neben mir stand, meine Hand hielt und bei jedem Untersuchungsabschnitt die Sekunden herunter zählte, wenn die Einheit geschafft war. Wie das möglich war? Es wurden gar nicht erst Anstalten gemacht, mich erneut mit dem Kopf voran in dieses Monstrum bekommen zu wollen. Ich wurde dieses Mal mit den Füßen voran hinein gefahren, so dass ich immer noch nach draußen blicken konnte. Es schloss sich also nicht erneut gefühlt ein Sarkophag um mich und die Untersuchung konnte tatsächlich erfolgreich abgeschlossen werden.

Zwar war ich immer noch ziemlich fertig danach, aber auch einfach erleichtert. Der Akt war geschafft! Und ich hatte die Aussicht, den Abend und die Nacht bei einem Lieblingsmenschen verbringen zu können. Das half, den Rest des Tages auch noch zu überstehen.

Ab diesem Moment begann jedoch das Warten und die Ungewissheit bekam erste Chancen, an mir zu nagen...

Ps.: dies war der letze Tag dieser Odyssee, an dem ich Schmerztabletten zu mir nahm - die haben nämlich gegen diese Art von Schmerz keinerlei Wirkung gezeigt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen