Montag, 9. September 2019

Black Dog Story

Warum Medikamente - zumindest für mich - keine Lösung sind

In den letzten drei Monaten ist einiges passiert. Das Positive zuerst: ich habe eine Therapeutin gefunden, mit der ich wirklich toll klar komme und gut reden kann. Ein Mal die Woche besuche ich sie und wir versuchen zu ergründen, was für mich den Nährboden meiner psychischen Probleme darstellt, was Symptome auslöst und was die Symptomatik aufrecht erhält. So ist die aktuelle Zielsetzung, dass ich mich selbst besser kennen und verstehen lerne, lerne mir selbst zu verzeihen und mich vor Auslösern zumindest selbst gemachten Leids zu schützen, sowie die Aufrechterhaltung natürlichen und auch selbst gemachten Leids zu bekämpfen.

Aber zurück zu eurem letzten Stand der Dinge bezüglich meiner psychischen Verfassung. Generalisierte Angststörung, diagnostiziert durch meinen Hausarzt, und die ebenfalls durch meinen Hausarzt angeordnete Medikation mit Promethazin. Ich schrieb hier diesbezüglich zuletzt an Tag 2 der Medikation Anfang Juni, was nun schon drei Monate zurück liegt und in meiner Empfindenswelt wirkt, als sei es fast schon wieder Jahre her. Wohlig sediert war ich während des Schreibens meines vorletzten Artikels und zumindest zu Ängstigung, vor was auch immer, gar nicht mehr in der Lage. Und ich dachte tatsächlich, wenigstens zeitweise, könne das Promethazin eine Lösung darstellen. Leider habe ich mich geirrt. Nicht etwa, weil das Medikament seine Wirkung verfehlt hätte. Beruhigt war ich, wie zuvor bereits erwähnt. Doch im Zusammenspiel mit meiner starken depressiven Störung, sowie latenten Suizidalität schoss die Wirkung schnell übers Ziel hinaus. Aus "mir egal, ob hier Menschen sind" wurde ziemlich schnell "wissen Sie, Suizid ist mir gerade halt auch einfach zu anstrengend". Was vielleicht zunächst auch gar nicht so verkehrt scheinen mag, jedoch impliziert, dass Suizid erneut akut eine Option war. Ich war bloß zu sediert, es auszuführen. Dabei war ich zu dem Zeitpunkt ursprünglich kaum suizidal.

Was also tun? Es gab zwei Optionen, die meine Therapeutin und ich für mich sahen. Zum einen das Fortsetzen der Medikation in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung, also die stationäre Einweisung. Eine Option, welche zumindest für mich, keineswegs in Frage kam. Krankenhäuser machten mir trotz der Sedierung durch das Promethazin noch die übliche scheiß Angst. Und so blieb eigentlich nur die zweite Option: das eigenständige und nicht ärztlich begleitete Absetzen des Medikaments.

Ich setzte also das Promethazin ab und beschloss einen anderen, konservativen Weg zu finden, mit meinen Ängsten und Depressionen klar zu kommen. Und so begann ich, ein Therapie-Tagebuch zu schreiben. Dort setzte ich mir aktiv schriftlich Tagesziele, die ich über Tag verteilt ab arbeiten konnte. Zudem notierte ich meine über den Tag hinweg empfundenen Gefühle in Fließtexten. Und am Ende des Tages zog ich Resumé. Richtig, ich setzte, notierte und zog. Ich führe das Therapie-Tagebuch nun schon seit 2 Monaten nicht mehr. Nicht, weil es nicht geholfen hätte. Das hat es. Das hat es sogar sehr. Mir kam eine Sehnscheidenentzündung in die Quere und als diese endlich abgeheilt war, hatte ich das Therapie-Tagebuch bereits wieder aus meiner Alltagswelt verdrängt.

Es ist immer wieder traurig, wie anstrengend psychische Erkrankungen es machen, Routinen in den Alltag zu bringen. Man hat sich jahrelang "kranke" Verhaltensmuster angeeignet und diese zu durchbrechen kostet unheimlich viel Zeit, Kraft und Energie. Leider geht die Rückkehr zu den so hart bekämpften Mustern wie im Fingerschnips. Zack! Da sind sie wieder. Alles beim Alten. Zumindest auf den ersten Blick. Doch der erste Blick vermag zu täuschen, meine Lieben. Lasst euch von ihm nicht blenden, solltet ihr ähnliches durchleben oder durchlebt haben. Ja, es geht oftmals 10 Schritte zurück. Doch zuvor ging es 11 Schritte vorwärts. Und selbst wenn am Ende nur ein einziger Fortschritt bleibt, so ist er doch erfolgt und nicht minder an Wert. Vergesst das bitte nie. Jeder eurer Schritte ist wichtig und wertvoll, egal wie klein er erscheinen mag.

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