Montag, 16. Juli 2018

Another Demon Story

Spazieren gehen
Bis an die Grenzen

Es überkommt mich so ein bis zwei Mal im Jahr dieses Bedürfnis, wandern zu gehen. Für gewöhnlich fahre ich dann an den Nord-Ostsee-Kanal und schaue, wie weit meine Füße mich tragen. Und genau das habe ich gestern auch getan. Einer der Vorteile, wenn man in und um Kiel wohnt ist eben, dass man nie weit vom Wasser entfernt ist.

Wasserfall am alten Eiderkanal
[15.07.2018 14:50 Uhr]
Ich hab mich also gestern gegen Mittag auf den Weg gemacht zum Fähranleger in der Wik, um dann mit der Fähre nach Holtenau überzusetzen. Im Gepäck hatte ich eine Brotdose gefüllt mit meinem Mittag, Curry-Ingwer-Reis, und einem Käsebrötchen sowie Gurke als Zwischenmahlzeit. Meine Wasserflasche jedoch stand gemütlich gekühlt daheim im Kühlschrank, was mich fast dazu gebracht hätte, meinen Ausflug abzubrechen. Dann habe ich jedoch entschieden, dass es schon ein paar Stündchen ohne gehen wird und bin unbeirrt meines Weges gestapft. Auf dem Hinweg habe ich dabei zugegeben auch kaum auf meine Umgebung geachtet. Da ging es mir viel mehr darum, Strecke zu machen und mein Tagesziel zu erreichen: die Levensauer Hochbrücken. Wo ich es auch hin geschafft habe. Mein einziger Zwischenstopp auf dem Hinweg galt der Einnahme meines Mittagessens auf einer Parkbank irgendwo Höhe Knoop. Bis dahin ging es mir auch noch wirklich gut. Klar zwackte und ziepte der Fuß, aber das tut er momentan ja eh. Davon wollte ich mich nicht beirren lassen. Erst als ich mich unter der Levensauer Hochbrücke auf einen Poller setzte, habe ich jedoch bemerkt, wie doll die Schmerzen eigentlich waren. Ich dachte, mir würde der Fuß abfallen und mir grauste es plötzlich, den ganzen Weg noch wieder zurück zu müssen. Besonders, weil das letzte Stück bis zur Fähre nicht aus festem Gehweg sondern Schotterweg besteht und ich keine weiteren Steine in meinen Fuß gedrückt haben wollte. Ich hatte halt auch mal wieder ganz klar das falsche Schuhwerk an. Ich muss mir dringend richtige Wanderstiefel besorgen für solche Ausflüge!

zerbrochenes Ei [15.07.2018 14:24 Uhr]
Nach einer kurzen Pause entschloss ich also, dass alles Jammern nichts nützen würde und ich nun einmal zurück gehen musste, ob das nun angenehm würde oder nicht. Ich aß ein Stück Gurke, zog die Kamera aus meiner Tasche und beschloss, den Rückweg in aller Gemütlichkeit und mit einem Blick fürs Detail anzugehen. Dieses Mal sollte es mir um meine Umgebung gehen, nicht um den Weg, welchen ich zurückzulegen hatte. Eine Methode, die insofern funktioniert hat, als dass ich mich den kompletten Rückweg über sehr gut von meinen Schmerzen hatte ablenken können.

Ich fand ein zerbrochenes Ei am Wegesrand und philosophierte ein bisschen darüber, ob das Küken wohl geschlüpft oder die Beute eines anderen Tieres geworden war. Ich traf auf dem Weg einen kleinen rostfarbenen Frosch und ließ ihn für mich modeln, ehe ich ihn vorsichtig ins nächste Gebüsch geleitete, während ich ihm immer wieder gut zuredete, sich ein wenig zu beeilen, damit kein Fahrrad ihn überfahren konnte. Zum Glück war weit und breit kein Fahrrad in Sicht. Dann stieg ich die Treppen runter zum kleinen Wasserfall am alten Eiderkanal, welchen ich letzten Herbst erstmals entdeckt hatte und bestaunte dessen Schönheit im Sommer. Ich konnte regelrecht sehen, wie kleine Elfen und Feen nachts dort tanzen, versteckt zwischen den Efeublättern und begleitet von der Musik des Wassers.
Der Froschprinz von Knoop
[15.07.2018 14:48 Uhr]
Und ein Stück weiter plumpste plötzlich etwas neben mir ins Gestrüpp. Eine frisch vom
Baum gefallene Mirabelle, wie sich herausstellte. Erst war ich skeptisch, doch dann probierte ich die kleine orangene Frucht und mhmmm, war das köstlich! So schön süß. Ein bisschen wie eine kleine Pflaume mit dem Geschmack eines Pfirsichs. Sehr lecker auf jeden Fall. Und sie Motivierte mich dazu, am Wegesrand in die Bäume zu klettern und weitere Mirabellen zu pflücken. Nur eine Hand voll. Damit ich noch mehr Flüssigkeit zu mir nehmen konnte über die Früchte. Es war verdammt heiß in der Mittagssonne und so langsam bereute ich doch, kein Trinken dabei zu haben. Das Obst war quasi meine willkommene Rettung. Und etwas weiter in Richtung der Holtenauer Hochbrücke moppste ich mir auch noch einen Apfel vom Baum. Wo kein Zaun, da auch kein Hindernis. Ich fühlte mich dadurch wieder richtig jung und frei und es tat gut, einfach mal zu tun, wonach mir der Sinn stand. Zum Beispiel eine riesige blau schimmernde Libelle durch die Binsen zu verfolgen. Leider gelang mir von ihr keine Aufnahme.

Um nun aber den Schotterweg zur Fähre zu umgehen, blieb mir nur ein einziger Plan B: der Aufstieg auf die Holtenauer Hochbrücke. Und den habe ich spätestens auf halber Strecke schon wieder bereut. Das ist einfach eine dieser Sachen, die schon im Winter keinen Spaß gemacht haben, im Sommer bei gefühlt 30°C im Schatten jedoch zur Höllenqual werden, zumal ich ja nun nicht gerade das schlankste Persönchen auf Erden bin, sonst müsste ich jetzt ja nicht abnehmen. Aber wenn man denn erstmal oben ist, ist der Ausblick wirklich einmalig schön!

Der Ausblick von der Holtenauer Hochbrücke. [15.07.2018 15:40 Uhr]

Aber ich wäre ja nicht ich, wenn ich dann am Ende der Hochbrücke brav in den Bus gestiegen wäre, nein. Ich bin noch durch halb Holtenau gewandert, zurück zur Fähre und dann erst von der Wik aus wieder heim gefahren. Warum der Umweg? Ich hatte spontan bei meinen Großeltern klingeln wollen. Dort war jedoch niemand. Ich denke mal, die Herrschaften waren bei der Verwandtschaft, um das WM Finale zu schauen.

Am Ende war ich nach gut fünf Stunden wieder zuhause und unendlich froh, eine Flasche herrlich gekühlten Wassers im Kühlschrank vorzufinden!! Danach hieß es für mich nur noch Füße hoch und einsehen, dass ich langsamer machen muss, für solche Ausflüge geeignetere Schuhe brauche und mir ein neues Handy kaufen muss. Letzteres, da mir meins an der Bushaltestelle runter fiel und das Display nun nicht mehr reagiert. Aber das ist mir egal, genau wie die Schmerzen, die ich hatte.

Gestern war ein wunderschöner Tag.

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