Freitag, 13. Juli 2018

Another Demon Story

Macht die Bildschirme aus!
Herr im Untergrund, seit wann sind die Kunden denn so laut?!

Gestern war nun also mein erster Tag mit Cortison und ich Wahnsinnige bin natürlich direkt wieder arbeiten gegangen. Zugegeben sicher nicht die beste Idee und ich verstehe jetzt, warum meine Ärztin recht skeptisch guckte, als ich eine längere Krankschreibung ablehnte. Aber was hatte ich denn für eine Wahl? Natürlich wäre gesundheitlich betrachtet die einzig vernünftige Entscheidung gewesen, erst einmal ein paar Tage daheim zu bleiben. Den Körper sich an die neue Medikation gewöhnen zu lassen, erst einmal die aktuelle Entzündung im Fuß abklingen zu lassen, mich nicht zusätzlich durch die Arbeit zu belasten. Dessen bin ich mir absolut bewusst. Die Bildschirme haben in den Augen gebrannt, die Kunden kamen mir 100 Mal lauter vor als sonst und mir ist förmlich der Schädel geplatzt, ich war schlaff und müde und wollte bereits nach zwei Stunden einfach nur noch nach hause in mein Bett und schlafen. Doch für mich steht mein Job auf dem Spiel. Ich bin noch in der Probezeit bis Mitte August und ich darf mir keine weiteren Ausfälle mehr erlauben, wenn ich diese Anstellung nicht verlieren möchte. Und glaubt mir, ich möchte jetzt nicht auch noch meinen Job verlieren.

Warum nicht auch noch? Ganz einfach. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten aus meiner Sicht recht viel verloren. Das beginnt damit, dass ich meinen Sohn kaum noch sehe. "Warum? Der lebt doch bei Dir?", werdet Ihr jetzt sicher fragen. Nein, lebt er nicht. Er ist nun schon eine ganze Weile bei meinen Eltern eingezogen und obwohl ich noch alle wichtigen Entscheidungen für ihn treffe, sieht es arg danach aus, dass er in eine offizielle, dauerhafte Pflegschaft dort oder woanders gehen wird. Wir haben kaum noch einen Draht zueinander. Und glaubt mir, ich habe das nicht leichtfertig zugelassen. Aber manchmal bedeutet eine gute Mutter zu sein, einzig und allein das zu tun, was wirklich für das Kind am Besten ist, und ich habe es partout nicht geschafft, mein Leben kindgerecht umzukrempeln. Zuletzt dachte ich, ich könnte es schaffen, als ich meinen (Ex)-Partner kennengelernt habe. Ein wundervoller Mann, toller Vater. Eine ganz warme Seele, wenn man erstmal bis dorthin vordringen kann. Die Frau, die irgendwann ihr leben mit ihm teilen dürfen wird, hat ganz viel Glück. Sie gewinnt nicht nur einen Partner zum Pferde stehlen, sondern auch einen kleinen Stiefsohn, der herzlicher kaum sein könnte. Aber ich bin nicht diese Frau. Damit muss ich leben. Doch mit der Trennung ist für mich der große Traum von einer intakten Familie endgültig geplatzt. Kein Zusammenziehen, keine zwei Kinder, die langsam zu Geschwistern zusammen wachsen, keine Hochzeitsglocken, kein Gar nichts. Obwohl ich mir all das sehr gut hatte vorstellen können. Ich, die eigentlich Bindungsängste vor dem Herrn hat, wollte sesshaft werden mit diesen Menschen in meinem Leben.
Ich habe also den Traum vom für mich perfekten Leben verloren. Und obwohl es nicht jeder versteht oder nachvollziehen kann, ist mir wichtig, dass ich das Recht habe, diesen Verlust zu betrauern. Ich bin darüber noch nicht hinweg und ich werde über diese Trennung auch nicht so bald hinweg sein.

Damit also im seelischen Gepäck sitze ich nun hier und klammere mich an meinen Job, der zwar bestimmt nicht der tollste Job auf Erden ist. Aber es ist ein Job. Es ist eine Aufgabe im Leben, die mir Struktur und Halt gibt. Und ich mag meine Arbeitskollegen wirklich wirklich gern. Mit mir in diesem Büro sitzen wirklich tolle und herzliche Menschen und es würde mich schmerzen, diese guten Seelen nicht mehr täglich um mich zu wissen. Klar könnte man jetzt argumentieren, "dann freunde Dich doch privat mit diesen Menschen an!", doch das wäre nicht dasselbe und würde in vielen Fällen auch sicher gar nicht passen. Aber es passt eben perfekt für die Arbeit, als Kollegen. Und das möchte ich gerade nicht auch noch verlieren.

Ja, ich bin verzweifelt und klammere mich an jeden Strohhalm. Das merke ich beim Schreiben gerade selbst. Und wahrscheinlich strahle ich diese Verzweiflung momentan auch fleißig aus, ohne es selbst vielleicht so arg zu bemerken. Aber mit diesem neuen Dämon auf meiner Schulter fürchte ich nichts mehr, als am Ende verlassen und allein da zu stehen. Ich sehe meine Mom. Sie hat niemanden. Ihr steht keiner zur Seite. Und so möchte ich nicht leben müssen. Ich möchte nicht so werden wie meine Mutter!

Was ich jetzt überwinden muss, ist diese Verlustangst. Ich weiß ja, wer sie schickt: der schwarze Hund. War ja klar, dass er meine Unsicherheit erschnuppern und nochmal wieder aufwachen würde. Aber davon werde ich mich nicht unterkriegen lassen. Ich habe das Problem ja jetzt erkannt und kann dagegen angehen. Also, oberstes Gebot gerade: Jetzt bloß nicht anfangen, übermäßig zu klammern! Und wenn doch: die Leute darauf hinweisen, dass sie mir offen sagen sollen, wenn ich über die Stränge schlage.

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