Samstag, 4. August 2018

Another Demon Story

Katzen

Schon als Kind bin ich mit der alten Binsenweisheit groß geworden, dass Katzen bei Rheuma helfen. Ihre Körperwärme wärmt die Gelenke. Ihr Schnurren beruhigt und mildert die Angst. Aber immer wieder haben Leute mir gesagt:  "Katzen, das sind richtige Mistviecher." Warum habe ich nie so ganz verstanden. Mein Instinkt verriet mir schon damals, dass das Problem bei negativen Begegnungen mit Katzen wohl eher der menschliche Part sein müsse. Und ich sollte recht behalten.
Ich lebe nun seit gut einem Jahr mit einem Kater zusammen, Findus. Er ist nicht mein Tier. Er ist mir Mitbewohner und Freund und ich behandle ihn mit allem Respekt. Genau wie er mich auch. Im Grunde kam es in all den Monaten nur 2-3 Mal zu Situationen, in denen ich ihn für ein richtiges Mistvieh hielt. Und auch dafür habe ich mich immer bei ihm entschuldigt. Denn am Ende war es doch dennoch ich, die ihn nicht richtig verstanden hat.

Was ich daraus gelernt habe? Verständnis ist der Schlüssel zu fast allem. Als Mensch neigen wir dazu, selbst immer verstanden werden zu wollen, jedoch nur selten verstehen zu wollen. Wir neigen dazu, nur dann Verständnis aufzubringen, wenn das zu Verstehende sowieso schon in unser Weltbild passt.
Wenn ich erzähle, dass mich gestern aus heiterem Himmel eine Biene gestochen hat und mich das sehr erschrocken und verwundert hat, werden die Meisten dafür Verständnis aufbringen können. Es passt zu ihrer eigenen Empfindungswelt. Erzähle ich nun aber weitergehend, dass es mich sehr traurig macht, dass eine Biene so sinnlos ihr Leben gelassen hat, da ich das Tier weder provoziert, geschweige denn überhaupt bemerkt habe, dann werden viele stutzen. Unverständnis baut sich auf. Bin ich etwa eine dieser Ökotrullas, die als nächstes über Umweltschutz und Bienensterben ausschweifen wird? Das würde nerven, denn es kratzt das eigene Weltbild empfindlich an. Man kann da schließlich nichts machen und es geht einen ja auch eigentlich gar nichts an, irgendwer wird es schon richten, so wie immer eben. Aber wie viele Menschen würden wirklich verstehen, was hinter dieser Aussage steht? Die Trauer, um ein verlorenes Leben. Die Trauer um einen Tod, der erst viel später hätte stattfinden sollen. Das Mitgefühl mit dem Schwarm, weil nun ein vielleicht wichtiges Mitglied fehlt. Das schlechte Gewissen, weil wegen mir ein anderes Leben nun beendet ist. Ich bin viel mehr Hippie, als Ökotrulla. Liebe für alle! Auch für Bienen.

Was hat das Ganze nun wieder mit Katzen zu tun? Wer Katzen nicht mag, der versteht sie einfach nicht. So geht es mir zum Beispiel mit Hunden. Ich verstehe diese Tiere nicht, sie widerstreben mir. Ich mag Hunde nicht lieben. Und ich habe keine Ambitionen das zu ändern. Was das bedeutet? Ich distanziere mich von diesen Geschöpfen, die eigentlich in ihrem Wesen doch auch sehr wundervoll sein dürften. Aber sie zu verstehen, würde mich Mühe kosten, die ich nicht zu investieren bereit bin.

Genauso ist es auch zwischen uns Menschen. Erscheint uns das Verstehen eines anderen zu aufwendig, dann distanzieren wir uns. Es passt dann halt einfach nicht und wir suchen nach dem nächsten, passenderen Individuum. Dass uns dadurch unfassbar viele lehrreiche Erfahrungen entgehen mögen, sehen wir nicht. Wir sehen als Katzenliebhaber nicht, dass den Hund zu verstehen und zu mögen zu beginnen, gar nicht so schwer ist und unser Leben bereichern wird ohne dass
irgendjemand erwarten wird, dass wir als nächstes den Rest unseres Leben in engster Bindung mit einem Hund zusammenleben werden. Aber wir berauben uns selbst nicht länger der Möglichkeit.

Ich möchte anders sein. Ich möchte meine Erkenntnisse nutzen. Ich möchte verstehen, was mir befremdlich erscheint. Möchte verstehen, warum Distanz entsteht. Wo liegt das Unverständnis begraben? War ich es, die etwas so gravierend falsch verstanden hat? Oder hat mein Gegenüber etwas an mir so arg missverstanden, dass nun nur noch Abstand zu helfen scheint? Erst wenn wir Menschen anfangen unsere Missverständnisse genauso offen zu kommunizieren wie unser Verständnis, werden wir wieder anfangen, einander wirklich nah zu sein. Es ist diese spirituelle Nähe, die uns der Einsamkeit berauben kann. Denn gewiss sind nur wenige von uns alleine. Wir haben Freunde, Familie, Menschen mit denen wir körperliche Nähe austauschen.
Aber wir bleiben dennoch einsam.

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